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AutorenbildAndreas Nothing

#11 Wir sind bereits am Ziel


Wir sind bereits am Ziel. Aber das, womit wir uns identifizieren, ist nicht das Ziel. Denn das, woran wir uns festhalten, ist ein Gedanke. Das „Ich“ ist ein Gedanke. Und das „Ich“ als Gedanke wird nie das Ziel erreichen. Denn die Natur des Gedankens ist es zu denken.


Denken bedeutet ständige Bewegung. Unsere Gedanken sind ständig in Bewegung und wir identifizieren uns mit diesem Denken. Wir glauben, dass wir dieses „Ich“ sind. Und deshalb haben wir nie das Gefühl, dass wir bereits am Ziel sind, nie das Gefühl, dass wir bereits angekommen sind.


Was wir wirklich sind, was wir tatsächlich sind, das ist bereits am Ziel. Denn das ist ohne Bewegung, ohne Geburt und Tod. Es existiert jenseits der Illusion der Zeit. Wenn wir in die bewusste Wahrnehmung zurückkehren, wenn wir in die bewusste, entspannte Beobachtung gehen, werden wir erkennen, dass wir kein „Ich“ sind, dass wir nicht der Denker und nicht der Gedanke sind, sondern dass wir der Zeuge sind - dass wir die stille, unsterbliche, unsichtbare Präsenz sind, die Gedanken, Gefühle, Empfindungen des Körpers, die Welt und das Leben selbst beobachtet.



Was hier im Satsang geschieht, ist ein Erwachen zur Selbsterkenntnis, ein Beenden der Hypnose, der jahrzehntelangen, selbstinduzierten Hypnose, das Ende der Gehirnwäsche, die wir uns seit dem zweiten oder dritten Lebensjahr angewöhnt haben. Was wir wirklich sind, ist unbeschreiblich. Deshalb ist es schwierig, eigentlich unmöglich, darüber zu sprechen. Jedes Wort, das ich sage, ist nur ein Versuch, auf etwas hinzuweisen, das nicht beschreibbar, nicht wissbar, nicht sichtbar ist.


Es geht dabei nur über Energie, über Vertrauen, über Hingabe, über Resonanz. Meine Einladung an dich ist, zu spüren, dass du dasselbe bist wie ich. Dass die Energie in meinen Worten, die Energie in diesem Raum dich berührt. Die Worte und Beschreibungen sind nur ein Versuch, ein Hinweisschild, dir schmackhaft zu machen, was wir über alle Zeiten bereits sind.


Wir sind das Gleiche. In Wahrheit gibt es keinen Unterschied zwischen uns. Wir alle leben in verschiedenen Geschichten, aber was wir wahrhaftig sind, ist immer dasselbe. Es ist das Unbeschreibliche, das sich in unzähligen Formen zeigt und lebt. Es gibt keinen Unterschied, keinen Besseren, keinen Schlechteren, keinen Heiligeren oder Unheiligeren. In Wahrheit ist alles dasselbe. Es zeigt sich nur in verschiedensten Formen.


Wenn wir das Leben mit unserem Verstand betrachten, leben wir in unseren persönlichen Geschichten und identifizieren uns als Denker und als dieser Körper. Dann glauben wir, dass eine Handlung edler ist als die andere, dass eine Stellung in der Gesellschaft machtvoller, besser ist als eine andere, und so weiter. Doch so lange wir mit unserem Verstand in die Welt und in unser Leben hineinblicken, werden wir keinen Frieden finden, weil das Denken selbst Unfrieden bedeutet. Denken beinhaltet bewerten, analysieren, vergleichen, beurteilen und verurteilen. Und so lange wir diesen Denkmechanismus verwenden, der Unausgeglichenheit erzeugt, gibt es kein Gleichgewicht.


Wir versuchen dann, im Außen – was es in Wahrheit gar nicht gibt – ein Gleichgewicht zu schaffen. Wir manipulieren äußere Erscheinungen und Symptome, anstatt zu erkennen, dass unsere Unbewusstheit und unser unbewusstes Denken die eigentliche Ursache unseres Leidens sind.


Es geht darum zu erkennen, dass alles Eins ist, dass alles aus derselben Energie besteht. Wenn wir die Welt retten wollen, sind wir am Symptom, an der Oberfläche, an der Peripherie. Wir kämpfen gegen etwas, das in Wirklichkeit gar nicht existiert. Wenn wir uns selbst verstehen und in uns selbst zentrieren, erkennen wir unsere wahre Natur, und sobald wir unsere wahre Natur erkennen, erkennen wir die Natur der Welt. Dann ist in Wirklichkeit alles getan.



Wir sind das erwachte, zeitlose, unverletzliche Bewusstsein. Wenn wir in entspannter Bewusstheit verweilen, von Moment zu Moment, erkennen wir, dass wir bereits am Ziel sind, dass wir vor dieser Welt da waren, vor unserem Menschsein, vor unseren Gedanken, Gefühlen und unserem Körper. Wir sind und werden immer sein.


So wie Ramana Maharshi im Sterben zu seinen Anhängern sagte: „Ich verlasse euch nicht, ich bin immer hier.“ Und so ist es auch mit uns: Wir sind immer hier, wir sind wie ein Chamäleon, nehmen immer wieder neue Formen an, erleben uns immer wieder als etwas Neues, selbst an einem einzigen Tag. Einmal sind wir fröhlich, einmal erschöpft, einmal traurig, einmal ängstlich, und einmal himmelhoch jauchzend.


Doch in all diesen verschiedenen Facetten unseres Gemütszustands sind wir immer dasselbe: Dasselbe Sein, dasselbe Bewusstsein. Wir sind wie ein Chamäleon, nehmen jede Sekunde eine neue Stimmung an, ein neues Gefühl, eine neue Form.

Der Verstand sagt, das ist real. Unsere Weisheit sagt jedoch, dass das, was sich verändert, nicht real ist. Das, was sich verändert, ist phänomenal, es ist relativ, es existiert innerhalb der Zeit, im Traum des Lebens.


Aber das, was sich nicht verändert, die Grundlage, die Substanz, die immer da ist – unser „Ich Bin“, das Sein, das pure Gefühl unserer Anwesenheit – das verändert sich nicht, egal ob wir weinen oder lachen, ob wir in Wien sind oder in Deutschland, in der Schweiz, ob wir in einer Beziehung leben oder nicht. Das „Ich Bin“, das einfache Dasein, ist das Fundament des Moments selbst, der Raum, in dem alles erscheint.


Unser Sein ist der Moment, und im Sein ist es egal, was im Moment stattfindet. Es bleibt davon unberührt, es ist wie ein Chamäleon: Mal in der Form des Regens, mal in der Form des Sonnenscheins, doch das Sein selbst ist weder weniger durch den Regen noch mehr durch die Sonne.


Wenn wir bereit sind, den Moment einfach so zu erfahren, wie er ist, ohne etwas zu wollen, werden wir den Frieden und die Liebe in allem sehen, in jeder Angst, in jeder Trauer, in jedem Tränen und in jedem Lachen.


Weise ist der, der den Moment in Ruhe lassen kann, ohne ihn gedanklich zu durchdringen.

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